Dies ist ein Weihnachtsgeschenk an die vielen Vollzeit- und Teilzeit-Aktivist*innen, die in und um Lützerath die Klimakrise und den Braunkohleabbau bekämpfen. Ein Podcast für nostalgische Rückblicke, aber auch für Neueinsteiger*innen geeignet:
Download: luetzi_weihnachts_podcast-Von_der_L277_zur_ZAD_Rheinland_update.mp3
Der Podcast basiert auf dieser Chronologie:
Das kleine Dorf Lützerath bei Erkelenz am Braunkohletagebau Garzweiler II ist akut bedroht von der RWE Power AG enteignet und zerstört zu werden, da diese die Braunkohle unter dem Dorf verfeuern möchte.
Das Oberverwaltungsgericht Münster wollte bis zum 7. Januar 2022 entscheiden, ob Teile des Dorfes durch „vorzeitige Besitzeinweisung“ an RWE gehen, bevor das Gerichtsverfahren zur Enteignung entschieden ist. Die Eilentscheidung wurde am 20.12. mit einem sog. „Hängebeschluss“ wegen Krankheit eines Berichterstatters und der Komplexität der Thematik auf unbestimmte Zeit verschoben. https://www.ovg.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/75_211220/index.php
Klimaaktivist*innen sind in Häusern, Baumhäusern und Zelten vor Ort und haben angekündigt, sich Räumungen in den Weg zu stellen und in Lützerath die 1,5°C Grenze des Pariser Klimaabkommens zu verteidigen.
Seit Sommer 2020 hat sich dort eine bemerkenswerte Protestbewegung aus vielen verschiedenen Bewegungen unter dem gemeinsamen Ziel des Klimaschutzes zusammengefunden. Begonnen hat der Kampf um Lützerath mit einem Aufruf des Bündnis „Alle Dörfer bleiben!“ (ADB), die Landstraße L277 zwischen Keyenberg und Lützerath gegen den Abriss zur Ausweitung des Tagebau zu schützen.
Dem kurzfristigen Aufruf zur Demonstration für den Erhalt der L277 folgten am 19. Juli 2020 mehrere hundert Menschen. Ein nächtlicher Dauergottesdienst mitten auf der L277 wurde von der christlichen Initiative „Die Kirchen im Dorf lassen“ (KiDl) organisiert, da Gottesdienste nicht dem Versammlungsrecht unterliegen.
Bis zum Morgen des 20. Juli 2020 wurde regelmäßig das Taizé-Lied: „Bleibet hier und wachet mit mir“ gesungen, dann brachen Menschen in Richtung Lützerath und Keyenberg auf und behinderten mit Sitz- und Baggerblockaden auf der L277 Abrissarbeiten, die nach mehrstündiger Unterbrechung von einem Großaufgebot der Polizei NRW durchgesetzt wurden.
Am 22. Juli 2020 begannen Aktivist*innen von KiDl mit zwei Klappstühlen eine Mahnwache am Rand der L277 bei Lützerath…
Die Mahnwache ist seitdem dauerhaft besetzt. Zahlreiche Aktionsgruppen störten immer wieder die Zerstörung der Landstraße und der Protest in Lützerath weitete sich aus:
- Eine gepachtete Schlafwiese bot von Sommer bis Herbst 2020 Übernachtungsplätze. Ein Standrohr für Trinkwasser wurde gesetzt. Es gibt seitdem Kompostklos und Waschgelegenheiten.
- Bauer Heukamp überließ Aktivist*innen im Herbst 2020 die „Villa“, ein Einfamilienhaus zwischen Schlafwiese und Mahnwache, das ein Anlaufpunkt für Unterstützer*innen der Mahnwache ist. Neue Einwohner*innen wohnen in weiteren Häusern.
- Im Oktober 2020 fällte RWE Bäume im Umkreis um Lützerath. Ab dem 4. November 2020 begannen unter Polizeischutz Rodungen direkt in Lützerath. Viele Menschen stellten sich um Bäume, blockierten und behinderten die Arbeiten.
- Im Januar 2021 folgte der nächste Angriff: Security, Polizei und RWE-Abrissfirma Lücker zerstörten vier Häuser in Lützerath. Wieder blockierten viele, zeitweise wurden Hausdächer und Maschinen besetzt.
- Heukamp legte im April 2021 Klage gegen die Enteignung seines Hofes ein.
- Im Frühjahr 2021 startete Vorbereitung des Kulturfestival Kuloko „Kultur ohne Kohle“ und des „Klimacamp im Rheinland“ deren Hauptgelände für Lützerath geplant wurden.
- Im Juni 2021 fand auf der ehemaligen Schlafwiese das „RWE-Tribunal“ statt, bei dem Aktivist*innen und Anwohner*innen ihre Sicht auf das Vorgehen der RWE AG schilderten und diese öffentlich, außergerichtlich anklagten.
- Im Sommer 2021 stehen neben der Villa Bau- und Wohnwägen und es ist Platz für Übernachtungszelte. Wo vorher Brennesseln standen sind nun luftige, aber regengeschütze Outdoor-Sitzmöglichkeiten.
- Von Juli bis August 2021 trug der „Kreuzweg für die Schöpfung“ ein gelbes Holzkreuz des Protestes von Gorleben im Wendland bis zu einer wiederentdeckten Stelle eines Wegkreuzes, nun Eibenkapelle genannt, an der L277 in Lützerath.
- Im August 2021 fand das Kuloko-Festival an mehreren Orten am Tagebau statt. Auf der Wiese zwischen Villa und Mahnwache zelteten Hunderte beim „Klimacamp im Rheinland“. BiPoC-Konferenz, Workshops, Konzerte, Theater, Großdemonstration, Essen und Getränke lockten tausende Besucher*innen in die Region.
- Die ZAD Rheinland wurde ausgerufen, eine „Zone a defendre“, ein wertvolles und zu verteidigendes Gebiet. So nannten im französischsprachigen Umland Aktivisti schon mehrere Gegenden, wo sie gegen Naturzerstörung und für ein anderes Leben protestierten. Rund um Lützerath werden Baumhäuser gebaut. Auf der Klimacamp-Wiese entstehen Großzelte, Hütten und Werkstätten.
- Die Fridays for Future Aktivistinnen Greta Thunberg und Luisa Neubauer besuchten im September 2021 Eckhardt Heukamp und forderten vor Ort den Erhalt von Lützerath.
- Zu Beginn der Rodungssaison fand Anfang Oktober 2021 die Aktionswoche „Alle Bäume bleiben“ statt.
- Zur von RWE geplanten „vorläufigen Besitzeinweisung“ Anfang November 2021 wurde das „Unräumbar-Festival“ ausgerufen. Bei einer Großdemo und Ende-Gelände-Aktion kommen viele zusammen, bauen Strukturen aus und lauschen bei regnerischem Wetter im Matsch abendlichen Konzerten. Das Highlight ist das Essen des Großküchen-Kollektiv, das mehrmals täglich mit Helfer*innen frisch zubereitet wird.
- Vermutlich um kein schlechtes Licht für Presse abzugeben oder weil sie an anderen Orten benötigt wurden zog RWE vor der „Unräumbar“-Großdemo am 31. Oktober 2021 Securities vor mehreren Häusern in Lützerath ab, die zuvor wochenlang bewacht waren. Kurze Zeit später wurden die Häuser von Aktivist*innen „wiederbelebt“ und bewohnt.
- Der nach Todesdrohungen aus Kolumbien geflohene Klimaaktivist Juan Pablo Guiterrez, ein Deligierter der indigenen Yukpa, hielt auf der Demo in Lützerath eine Rede zu deutschen Steinkohleimporten aus Kolumbien und dem Tagebau, der seine Heimat zerstört.
- Ebenfalls Anfang November wurde öffentlich, dass RWE dem Oberverwaltungsgericht Münster zugesagt hat, bis zum 7. Januar 2022 die Gelände von Eckhardt Heukamp nicht in Besitz zu nehmen, da bis dahin mit einem Urteil zu Heukamps Einspruch gerechnet wurde. Weitere Flächen im Dorf fallen nicht unter dieses Stillhalteabkommen. Mit Hängebeschluss vom 20.12.2021 ist nun unklar, wann ein Urteil erfolgt.
- Für Samstag den 8. Januar 2022 wird
trotz der aktuell unklaren Lage zu einer Demonstration in Lützerath aufgerufen: „Unser Urteil – Klimagerechtigkeit“zu einem „hybriden Aktionstag“ aufgerufen: „Widerstand überall!“
„Falls #NoRWE hier anrückt werden wir trotzdem tausende sein (mit Booster, Abstand und Maske)!“ - Auf http://luetzerathlebt.info findet ihr aktuelle Informationen, Aktionsticker und Social Media Kanäle, die euch helfen auf dem aktuellen Stand zu bleiben… Packliste und Fotogalerien helfen bei Planungen. Kommt vorbei (mit FFP2)!
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